Mobbing am Arbeitsplatz - So kann es aussehen
Am Anfang war ein ungelöster Konflikt
Am Anfang einer Mobbingproblematik am Arbeitsplatz steht meist ein ungelöster oder schlecht bearbeiteter Konflikt zwischen zwei oder mehreren Personen. Daraus erwachsen bspw. Schuldzuweisungen und vereinzelte persönliche Angriffe gegen eine bestimmte Person. Mobbing ist nicht etwa gleichzusetzen mit üblichen Meinungsverschiedenheiten und Reibungsverlusten, die überall mal vorkommen können oder damit, wenn z. B. der Chef sich mal im Ton vergreift oder ein Kollege mal übers Ziel hinausschießt. Vielmehr ist Mobbing lt. wissenschaftlichen Studien ein System und ein Verhaltensmuster. Mobbing beschreibt ein systematisches über einen längeren Zeitraum von mindestens 6 Monaten immer wieder kehrendes feindseliges Vorgehen einer Person gegen eine andere bestimmte Person mit dem Ziel oder dem Ergebnis, diese in ihrer Würde und ihrem sozialen Ansehen zu schädigen und letztlich in die Isolation zu drängen. Wie beim Stalking entwickelt sich eine Täter-Opfer-Beziehung, bei der die mobbingbetroffene Person psychisch bedrängt und demoralisiert wird, wodurch ungleiche Machtverhältnisse entstehen (sofern diese nicht ohnehin von vorne herein gegeben sind bspw. dadurch, dass ein Vorgesetzter beteiligt ist). Man kann keine bestimmten Verhaltensweisen benennen oder in irgendeiner Form beschränken, die als Mobbing definiert oder identifiziert werden können. Mobbing kann allenfalls anhand einer Gesamtschau der jeweiligen Situation im Einzelfall festgemacht werden.
Mobbing kann eine Zusammensetzung aus Anfeindungen und sexueller Belästigung sein
Mobbing kann eine Zusammensetzung verschiedener Verhaltensweisen (Handlungen und/oder Äußerungen) sein, die beständig wiederholt werden und bewusst oder unbewusst darauf angelegt sind oder bewirken, dass die Zielperson dauerhaft und systematisch bspw. mittels Schikanen, Erniedrigungen und Drangsalierungen vorgeführt wird. Das wiederum kann zur Folge haben, dass der Gemobbte in seinem sozialen Ansehen und seiner gesellschaftlichen Stellung geschädigt, herabgesetzt und ggf. sogar vollständig ausgegrenzt wird, womit er benachteiligt und schlechter gestellt wird, als vergleichbare Personen. Darunter kann die betroffene Person so leiden, dass ihre Gesundheit massiven und sogar dauerhaften Schaden nehmen kann.
Ein Mobbinggeschehensverlauf kann also Anfeindungen, Hinterhältigkeiten und auch sexuelle Herabwürdigung beinhalten.
Lt. wissenschaftlicher Studien kann man übergeordnet die folgenden 3 Kategorien festhalten, aus denen sich ein Mobbingverlauf zusammensetzen kann:
- verbale Attacken, wie z. B. Drohungen, Beschimpfungen, Beleidigungen des Mobbingbetroffenen, seiner Familie oder seines sozialen Umfeldes usw.
- nonverbale Attacken, wie z. B. Vorenthalten von Informationen, den Mobbingbetroffenen wie Luft behandeln usw.
- und/oder physische Attacken, z. B. Bewerfen mit Gegenständen, Verprügeln usw.
Umstände, die auf Mobbing hindeuten können
- Die nachfolgende Auflistung kann beispielhaft oberbegrifflich mobbingtypische Verhaltensweisen verdeutlichen, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
- gezielte Falschinformation
- sexuelle Belästigung (unerwünschte anzügliche Bemerkungen sexuellen Inhalts oder Berührungen)
- Demütigung (Angriffe auf die Würde)
- Diskriminierung (Schlechterbehandlung im Vergleich zu anderen Personen)
- Grundlose und pauschale Herabwürdigung der Leistungen
- Isolierung/Ausgrenzung aus der Gemeinschaft
- Vorenthalten von Informationen
- schikanöse und nicht sachlich motivierte Arbeitsanweisungen (z. B. Zuteilung nutzloser, unlösbarer oder selbstwertverletzender Aufgaben)
- Ankündigung oder Durchführung belastender Maßnahmen ohne Begründung, die für vergleichbare Mitarbeiter nicht gelten
- sachlich nicht begründbare Häufung von Arbeitskontrollen
- Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines Erklärungsnotstands
- Zurückhalten von Unterlagen
- sexistische Witze über das Privatleben eines Anderen
- frauenfeindliche Äußerungen
- regelmäßiges Anfeinden (Errichtung und Aufrechterhaltung einer Druckkulisse)
- Erschaffung eines feindlichen Umfelds (z. B. wenn ein Kollege seinen Mitkollegen gegenüber unwahr behauptet, der Betroffene habe gesagt, dass die Mitkollegen schlechter arbeiten als er selbst..." - das nennt man umgangssprachlich auch "stippeln" oder "hetzen")
- jemanden wie Luft behandeln
- regelmäßiges Unterbrechen
- jemanden anschreien oder beschimpfen
- Gerüchte über jemanden verbreiten, die ihn in seinem Ansehen schädigen
Der Begriff „Mobbing“ ist kein eigener rechtlicher (Straf-) Tatbestand. Um eine Situation unterm Strich ggf. überhaupt als Mobbing deklarieren zu können, müssen lt. der gängigen Rechtsprechung die den Mobbingverlauf auslösenden Verhaltensweisen wiederkehrend erfolgt sein und eine objektiv wahrnehmbare Handlungskette ergeben (haben), die der Betroffene als diskriminierend empfindet. Das Verhalten des Mobbers muss darüber hinaus direkt oder indirekt mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis begangen worden sein, sprich es muss ein Anfeinden, Schikanieren, Drangsalieren oder Diskriminieren vorliegen, wobei ein vorgefasster Plan nicht erforderlich ist. Demnach sprechen Umstände dann für Mobbing, wenn aus einer derartigen Handlungskette von Vorfällen (im Nachhinein) ein System bzw. ein “roter Faden” erkennbar ist
Schwierig ist dabei jedoch die Abgrenzung gegenüber sozial anerkannten bzw. üblichen Verhaltensweisen am Arbeitsplatz. Eine Handlungskette, die einen Mobbingverlauf begründen kann, könnte demnach zum einen
1. (Straf-) Tatbestände beinhalten.
Tatbestände sind gesetzlich erfasste, als solche sanktionierbare Verhaltensweisen und können prozessual auch als Einzelakte verfolgt werden. Tatbestände im Sinne der Rechtsprechung und der Gesetze sind z. B. Verleumdung und üble Nachrede, Körperverletzung, Beleidigung, Diskriminierung, Nötigung und Belästigung.
Zum anderen kann der Mobbingverlauf
2. sozial nicht verträgliche Verhaltensweisen enthalten.
Sozial nicht verträgliche Verhaltensweisen sind keine (Straf-) Tatbestände im Sinne der Rechtsprechung und der Gesetze. Sie sind nicht einzeln sanktionierbar, nicht einzeln prozessfähig und könnten unter Umständen allenfalls als Handlungskette in Verbindung mit mehreren Einzelakten in einer Gesamtschau als Mobbing prozessual verfolgt werden. Sozial inadäquate Verhaltensweisen sind z. B. jemanden wie Luft behandeln, die Zuweisung nutzloser Arbeitsaufgaben, grundlose Herabwürdigung von Leistungen, Durchführung von belastenden Maßnahmen, die für vergleichbare Mitarbeiter nicht gelten, Vorenthalten von wichtigen Informationen, jemanden ausgrenzen usw.
Derartige Verhaltensweisen vonseiten des Mobbers gegenüber einer Person könnten möglicherweise bei längerem Andauern im Rahmen einer Handlungskette als typisches Mobbinggeschehen greifbar und damit auch prozessfähig und sanktonierbar sein, sofern sie objektiv betreffend die Arbeit nicht zielführend wären, sondern offensichtlich nur dazu dienen, den Betroffenen herabzuwürdigen.
Man erkläre einen gemeinsamen Feind gegen sich und seine Untertanen, verbünde sich mit ihnen gegen den gemeinsamen Feind und halte immer Brot und Spiele für sie bereit. So geht Krieg.
Psychologische Kriegsführung - So geht Krieg
Mobbing am Arbeitsplatz ist grob gesagt demnach ein sozial nicht verträgliches Dauerverhalten gegenüber einer bestimmten Person, das auch (Straf-) Tatbestände beinhalten kann. Heimtückisch ist dabei, dass Mobbing oft – gerade in der Arbeitswelt – als versteckte Kriegsführung praktiziert wird (Heckenschützenmenatlität) und dadurch für Außenstehende nicht oder nicht ohne weiteres erkennbar ist. Selbst wenn Dritte das Mobbinggeschehen miterleben, so ist es als Mobbing für diese oft nicht wahrnehmbar, weil sie zum einen bei konkreten Mobbingsituationen nicht immer anwesend sind, so dass sie die Häufigkeit und das Andauern derartiger Szenarien nicht mitverfolgen können und zum anderen weil ihnen oft schlicht das Wissen fehlt, was genau Mobbing überhaupt ist.
Sofern Kolleginnen und Kollegen dennoch früher oder später realisieren, dass eine ständige, regelmäßige oder systematische Benachteiligung gegenüber der immer selben Person – also Mobbing – vorliegt, halten diese sich dann meistens lieber raus und distanzieren sich von der gemobbten Person, weil sie Angst haben, selbst zur Zielscheibe des Mobbers zu werden. Ein für andere wahrnehmbares Mobbinggeschehen hat nämlich „nebenbei“ auf die nicht betroffenen Personen einen zwar subtilen, aber hohen Einschüchterungseffekt, der mittelbar den Mobbingbetroffenen benachteiligen kann, sofern er nun auch durch Nichtbeteiligte „Sonderbehandlungen“ erfährt. Denn dadurch, dass die nicht betroffenen Personen miterleben, was dem Mobbingbetroffenen angetan wird, befürchten diese, dass es ihnen ebenso ergeht, wenn sie dem Gemobbten beistehen. In ganz üblen Fällen schafft es der Mobber als „Alphatier“ sogar mittels Anstiften, Bestechen oder auch durch extra freundschaftliche Behandlung und offenkundiger Bevorzugung der zuschauenden Kollegen oder einfach dadurch, dass er in seiner selbst gewählten Vorreiterrolle den Kollegen der mobbingbetroffenen Person signalisiert, dass diese zum Abschuss freigegeben ist, Mitmobber zu gewinnen. Dies kann dann dazu führen, dass die auserwählte Person sozial isoliert wird und im gesamten Arbeitsumfeld keine Rückendeckung mehr findet, vielmehr Kollegen zu Feinden werden und ebenfalls die betroffene Person schikanieren und erniedrigen.
Eine weitere mobbingtypische Schwierigkeit ist, dass selbst für die betroffene Person das Mobbing nicht ohne Weiteres und insbesondere nicht gleich zu Beginn als solches erkennbar ist bzw. sein kann, weil sich Mobbing eben gerade dadurch charakterisiert, dass es über einen längeren Zeitraum praktiziert worden sein muss, um überhaupt als Mobbing qualifiziert zu sein. Das bedeutet, dass z. B. eine erstmalige sexistische verbale Grenzüberschreitung eines Vorgesetzten sowohl ein einmaliger – aber dennoch derber und sanktionierbarer – Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person bleiben, als auch den Beginn eines künftigen Mobbingverlaufs ankündigen kann. Feststellbar ist dies naturgemäß erst, wenn einige Zeit nach diesem Vorkommnis vergangen ist und dann entweder keine derartigen oder ähnlichen Ausfälle des Vorgesetzten mehr erfolgt sind oder aber weitere Angriffe nach diesem ersten Vorfall und ggf. sogar eine Steigerung der Aktivitäten stattgefunden haben, die dann in ihrer Gesamtheit ein Indiz für eine vorliegende Mobbingproblematik sein können.
Ist man erst mal zur Zielscheibe geworden, neigen Betroffene manchmal dazu, den Fehler bei sich zu suchen. Zudem glauben die Gepeinigten meist, durch eine auf Harmonie bedachte Änderung in ihrem eigenen Verhalten dem Mobber gegenüber die Situation entschärfen zu können, z. B. durch ignorieren der Angriffe oder Friedensangebote dem Mobber gegenüber. Das ist aber ein Irrtum und das Gegenteil tritt häufig ein. Der Mobber, dem oft sowohl Selbstreflektion, objektives Beurteilungsvermögen als auch eine selbstkritische Haltung fehlen, sieht sich durch die – ggf. aus seiner Sicht unterwürfige – Änderung im Verhalten des Mobbingbetroffenen eher noch bestärkt und macht mit seinem Psychoterror weiter.
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